Nürburg (ots) - Der gemeinnützige Verein "Ja zum Nürburgring" engagiert sich seit vielen Jahren für den Erhalt und die Pflege der Rennstrecken des Nürburgrings für den Motorsport. Er hat nicht nur zum Neubau der Grand-Prix-Strecke einen Zuschuss in Höhe von 6 Mio. DM geleistet, sondern weitere rund 1,6 Mio. Euro zur Durchführung von Sicherheitsmaßnahmen an der Nordschleife des Nürburgrings beigesteuert. Aufgrund der Fehlentwicklungen am Nürburgring fordert der Verein jetzt einen Betrag in Höhe von rund 1,6 Mio. Euro zurück. Des Weiteren bereitet er eine Beschwerde an die EU-Kommission wegen des Verstoßes gegen europäisches Beihilfe- und Vergaberecht vor. Nach Auffassung des Vereins muss diese Fehlentwicklung korrigiert werden, indem die Wiedereinsetzung der Verhältnisse vor Einrichtung des Projektes Nürburgring 2009 erfolgt.

Deshalb hat der Verein "Ja zum Nürburgring" die Kanzlei FREY Rechtsanwälte beauftragt, die näheren Umstände der Durchführung des Projekts "Nürburgring 2009" sowie der Verpachtung der Rennstrecken und weiterer im Umfeld der Sportstätte errichteter Beherbergungs-, Gastronomie- und Unterhaltungsunternehmungen zu untersuchen. Die Rechtsanwälte gehen davon aus, dass die Geschäftsgrundlage für das Engagement des Vereins "Ja zum Nürburgring" in mehrfacher Hinsicht schwerwiegend gestört ist und gegen europäisches Beihilfe- und Vergaberecht verstoßen wurde.

Nun fordert der Verein geleistete Zahlungen zurück: "Die Zahlungen wurden auf der Grundlage des gemeinsamen Verständnisses der Landesregierung Rheinland-Pfalz, der Nürburgring GmbH und des Vereins erbracht, eine herausragende Sportstätte in dem strukturschwachen Gebiet der Eifel durch den engen Schulterschluss zwischen öffentlicher Hand und Motorsport zu erhalten", betonte Otto Flimm, Vorsitzender des Vereins. Dadurch sollten dem professionellen Rennsport und insbesondere dem Breitensport der Zugang zu den Rennstrecken zu angemessenen Konditionen gesichert werden.

Für die private Nürburgring Automotive GmbH steht dagegen - nicht nur nach den Beobachtungen des Vereins - die Gewinnmaximierung um jeden Preis im Fokus. Mit den privaten Betreibern verschiebt sich die Aufmerksamkeit u.a. hin zur Entwicklung neuer Bündelangebote, die z.B. Gastronomie- und Hotellerieprodukte enthalten. Sie sind auch nicht dem öffentlichen Interesse verpflichtet. Auf der Basis eines mindestens 20 Jahre laufenden Pachtvertrages werden zusammen mit den Rennstrecken das gesamte Konglomerat motorsportfremder Aktivitäten mitüberlassen und die Sportstätte so mit sachfremden Wirtschaftsaktivitäten (insbesondere dem Beherbergungs-, Bewirtungs- und Unterhaltungsgeschäft) gebündelt. "Der Motorsport und der Zugang zu den Sportstätten zu angemessen Konditionen gerät so ins Hintertreffen", beklagt Flimm.

"Nach unserer Prüfung ist es zu Verstößen gegen das europäische Beihilfe- und Vergaberecht gekommen" erläuterte Rechtsanwalt Dr. Frey. "Dies hat auch Prof. Dr. Kühling, Professor an der Universität Regensburg und bekannter Experte für Vergabe- und Beihilferecht, mit seinem umfassenden und überzeugenden Rechtsgutachten bestätigt".

Nach allen bekannt gewordenen Informationen wurden keine förmlichen Beihilfeverfahren bei der EU-Kommission durchgeführt. Dies geschah weder zur Prüfung

  • der Investitionen in das Projekt "Nürburgring 2009"
  • noch im Hinblick auf die während des Jahres 2010 offensichtlich erfolgten Entschuldungen und Übernahmen der Beteiligungen an Gesellschaften, die unmittelbar oder mittelbar von den Unternehmern Kai Richter und Jörg Lindner gehalten wurden, und
  • auch nicht im Zusammenhang mit der gleichzeitigen Verpachtung des Gesamtkomplexes aus Rennstrecken und Beherbergungs-, Bewirtungs-, Freizeit- und Unterhaltungsgeschäft an die Nürburgring Automotive GmbH, die wiederum durch die Unternehmen von Kai Richter und Jörg Lindner gehalten wird.

Nach Prüfung der zugänglichen Informationen gehen die beauftragten Rechtsanwälte davon aus, dass die Richter- und Lindner-Unternehmen aus staatlichen Mitteln begünstigt sind und ihnen dadurch Beihilfen im Sinne des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gewährt wurden bzw. werden. Bereits die Nichtmitteilung der Gewährung von Beihilfen an die EU-Kommission stellt nach dem EU-Recht einen Verstoß gegen das sog. Durchführungsverbot dar. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes folgt daraus die Nichtigkeit zugrundeliegender Verträge.

Der Abschluss des Pachtvertrages mit der Nürburgring Automotive GmbH stellt nach der Prüfung der beauftragten Rechtsanwälte und dem Rechtsgutachten von Prof. Kühling gleichzeitig einen Verstoß gegen europäisches Vergaberecht dar. Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ergibt sich, dass ein öffentlicher Auftraggeber - dies gilt auch für solche im Gewand einer privaten Gesellschaft, wie dies für die Nürburgring GmbH zutrifft - auch bei der Vergabe sog. Dienstleistungskonzessionen zur Transparenz verpflichtet ist. "Vor der Verpachtung des gesamten Konglomerats aus Rennstrecken und motorsportfremden Aktivitäten an die Nürburgring Automotive GmbH hätte ein angemessener Grad an Öffentlichkeit sichergestellt werden müssen, um ein faires und unparteiisches Vergabeverfahren zu gewährleisten. Dies ist nach den uns vorliegenden Informationen nicht geschehen", stellte Dr. Frey zusammenfassend fest.

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